Märchenhaft (6)

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN…

Der Himmel öffnete die Schleusen,
und Wassermassen schossen nieder
auf Feld und Wald und Flur und Wiesen,
auf Birken, Linden, auf Jasmin und Flieder.

In einer Scheune, die, abseits vom Wege,
im letzten Augenblick noch zu erreichen, stand,
fand Zuflucht auch ein junger Wanderer.
Nur leicht durchnäßt, das Banjo in der Hand.

Er freute sich, daß er hier Schutz gefunden.
Dann zog er erst mal aus die nassen Socken.
Er warf sich müde in das Heu und dachte:
hoffentlich sind sie nachher auch trocken.

Als er erwachte, sah er leicht verwundert aus.
Er stellte fest, er war nicht mehr alleine.
Er hörte, wie daneben jemand schlief
und sah zwei nackte Mädchenbeine.

Am Pfeiler lehnte auch ein Rucksack
und gleich daneben eine Mandoline.
Das Mädchen wurde wach und sagte:“ Hallo,
Scheißwetter heute! Ich heiße Josefine“

Im Rucksack fand sich noch etwas zu essen
und auch zu trinken, um den Durst zu stillen.
„Es hört und hört nicht auf so stark zu regnen.
Wann können wir hier weg, um Himmelswillen.“

In diesem Augenblick betraten, pudelnaß,
zwei ält’re Tramper noch die trockne Stätte.
Sie zogen die Klamotten erst mal aus
und bauten sich im Heu ein warmes Bette.

Sie hatten Brot und Käse und gekochte Eier
und Sprudelwasser und ‘ne Flasche Wein,
da luden sie recht freundlich nun die anderen
zu einem superguten Abendessen ein.

Der eine hatte auch ein Tamburin dabei,
der andere hatte eine Mundharmonika,
der junge Wandersmann das Banjo
und Josefin’ war mit der Mandoline da.

Inzwischen waren nicht mehr naß die Kleider
und trocken waren auch die feuchten Socken.
Man hatte sich derweilen angefreundet
und konnte einträchtig zusammenhocken,

bis Fredy mit der Mundharmonika nun sagte:
„Na Kinder, los. Musike werden wir jetzt machen!“
Da ging es dann auch gleich gewaltig los,
sie ließen es wahrhaftig ordentlich krachen.

Und als die Sonne wieder heiter schien
und trocken wurden alle Wege, alle Straßen,
da konnten sie das Musizieren miteinander
nicht einfach wieder bleiben lassen.

So liefen sie zusammen viele Kilometer
mit Musik. „Ihr solltet euch was schämen.
Was fällt euch ein, solchen Radau zu machen.
Haut bloß ab, marschiert in Richtung Bremen!“

Nicht immer sind die Menschen wirklich nett
und alle haben auch nicht unbedingt Humor,
das traf die heiteren Wanderer ziemlich tief,
sie kamen sich wie üble Störenfriede vor.

Doch endlich waren sie dann eingetroffen,
und Markttag war es gerade noch in Bremen,
da machten sie zusammen nun Musik
und mußten sich dafür auch nicht mehr schämen.

Auf einmal stand viel Publikum und lauschte
nun der Musik, die plötzlich wurd‘ geboten.
Und viele Leute summten fröhlich sogar mit;
kein einziger hatte hier ein Blatt mit Noten.

Applaus wurde nun reichlich noch gespendet,
die Leute gaben froh gestimmt auch etwas Geld;
froh und zufrieden waren auch die Musikanten.
Ach! Unberechenbar ist alles auf der Welt.