SPLITTER (51)

Schach

Gelegentlich erinnere ich mich immer noch an f r ü h e r. Das ist schon so lange her. Da spielten sie am großen Tisch im Wohnzimmer unter der Stehlampe bis es hell wurde. In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ganz besonders, da waren die Nächte so lang bis zum Morgengrauen und es stand immer eine Kanne mit Schwarzem Tee auf dem Tisch. Manchmal sah ich auch stundenlang zu. Ich selbst habe keine Geduld für dieses Spiel. Eine Rochade bekomme ich zwar schon noch hin, aber sonst verliere ich schnell den Überblick und kann auch keine weiteren Züge planen. Jedenfalls keine, die zu einem Erfolg führen könnten. Eigentlich habe ich auch keine rechte Lust, mich auf dieses Spiel zu konzentrieren.

Anders als bei „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Halma“ oder anderen Brettspiele haben aber die Schachfiguren eine individuelle Aufgabe, eine Position sozusagen und müssen eine spezielle Aufgabe erfüllen. Das können sie nicht von selbst, sie werden an einen Platz gerückt und müssen von da gemäß ihrer Identität agieren. Es entscheidet der Spieler, was nun geschieht. Nicht die Figur. Sie kann nicht wie ein Halmamännchen über das Spielfeld eilen, sie kann nur das erfüllen, was ihre Aufgabe ist und wo der Spieler sie haben will.

Diese Überlegung hat mich schon oft auf den Gedanken gebracht, daß auch wir Menschen einfach an eine Position gerückt werden und damit in einen bestimmten Kreislauf eingebunden sind. Man bekommt die Weisung, bestimmte Aufgaben oder eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Dann gehört man zu den auserwählten, im Guten wie im Schlechten. Man wurde auf das Spielfeld geschubst. Die übrige Masse scheint bedeutungslos zu sein, denn diese har wieder eine andere Aufgabe zu erfüllen. Ich denke schon, da sitzt einer und schiebt die Figuren, und nun mach mal etwas daraus…..

Da gab es nun diese schöne Insel und den interessanten Commandante , und ein Kapitän aus Bremen mit seinem Schiff, auf dem sich auch seine neunzehnjährige Tochter Marita befand, legte in Havanna an. HAVANNA! Da fällt mir sofort Graham Greene ein und „Unser Mann in Havanna“, einzigartig Buch und Film. Und Ernest Hemingway und die drei besten Bars, um sich in Havanna zu betrinken. — Floridita -Dos Hermanos – und – La Bodeguita del Medico -. Und natürlich der Buona Vista Sozial Club.

Na jedenfalls kam Fidel Castro den Kapitän Lorenz aus Bremen im Hafen auf seinem Schiff besuchen und verliebte sich auf der Stelle in dessen neunzehnjährige bildschöne Tochter Marita. Der Keulenschlag traf wohl beide gleichzeitig und „ich werde dich zur Königin von Kuba“ machen, versprach Fidel. Das war 1959. Es war eine große und sicher einzigartige Liebe und die wirklich abenteuerliche Lebensgeschichte der Marita und natürlich Fidels kann sich kein Roman ausdenken.

Der mehrfache Grimme-Preisträger Wilfried Huismann hat ein sehr aufschlußreiches Buch darüber geschrieben (keinen Roman) das 2001 verlegt wurde. Möglich, daß es dies noch gibt? „Lieber Fidel“

Was mich an dieser Geschichte und den Akteuren besonders bewegt ist, daß einen das Schicksal irgendwo hinschieben kann, wo man von selbst offensichtlich niemals landen würde. Auch, daß man Dinge tut, die man gar nicht will. Es ist genau wie auf dem Schachbrett. Da wirst du irgendwo hingeschoben und mußt tun, was auf diesem Platz gefordert wird. Du kannst nicht einfach sagen, „ach, heute gehe ich mal ein bißchen mit dem Pferd spazieren“ oder die Königin sagt im stillen: „Der alte blasierte Kerl geht mir schon lange auf den Keks. So ein Leben mit ,nem Bauern könnt‘ man ja auch mal ausprobieren – „Nee, geht nich.“Ob da so jeder seinen Schieber hat und die sich einander auch nicht grün sind? Einer alleine kann ja auch nicht den ganzen Tag schieben.

Ich habe im Internet nicht nachgesehen, ob etwas über Marita Lorenz veröffentlicht ist, aber wenn, dann sollte man es unbedingt lesen. Jeden wird es ja auch nicht interessieren.

Aber ich muß jetzt mal wieder etwas tun – ich habe nämlich noch einen H a u s h a l t! Der ist aber aus ganz natürlichen Umständen entstanden und erfordert gelegentlich meine Aufmerksamkeit. LEWI

SPLITTER (50)

Omnia mutantur

Der Deutsche Kaiser Lothar der I. lebte im 9. Jahrhundert so weit ich mich erinnere und sprach eine epochale Erkenntnis aus: Omnia mutantur. „Alles ändert sich.“ „Tempora mutantur, nos et mutamur in illis“, so ist es uns geläufig. Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen. Na, ich für meinen Teil kann sagen, ich habe mich Gottseidank in den gegenwärtigen Zeiten kaum oder gar nicht verändert.

Im Laufe unseres Lebens gehen ja die Ereignisse nicht spurlos an einem vorüber und der Mensch hat eben auch in der Regel keinen Einfluß auf das Geschehen; auf keinen Fall sowieso als Individuum. Unsere Eltern lebten keinesfalls in ruhigem Fahrwasser einfach so dahin und wir erst recht nicht, und die derzeitige Generation auch nicht. Jedenfalls tut man so, als ob das alles, was um uns herum passiert, so eine Art Horrorfilm ist, dem man nicht allzu viel Bedeutung beimißt. Geht doch trotzdem alles weiter (aber wie?)

Es gäbe über so viele herausragende Bürger unserer Stadt zu berichten, das habe ich eigentlich auch vor. Retten, was zu retten ist. Und zunächst ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Ein ganz besonderer Bürger dieser Stadt war er schon, dieser Adolf Glasbrenner. Und die Zeiten, in denen er „wurde“ sind ja auch nicht so ohne.

1810 Am 27. März ist er geboren (wie ich) in Berlin

1813/1814 Befreiungskriege gegen die Napoleonische Besetzung der westlichen
Deutschen Staaten

1815 Wiener Kongress. Gründung des Deutschen Bundes mit 34 Fürstentümern und 4 Freien Städten. Bundestag in Frankfurt/M.

1817 Wartburgfest der Deutschen Burschenschafter

1819 Karlsbader Beschlüsse

1827 Erste Veröffentlichung Glasbrenners in Saphir‘s „Berliner Courier“

1828 Deutscher Zollverein als Vorbereitung für eine wirtschaftliche Einheit
Deutschlands

1830 Julirevolution in Paris. Aufstände in Polen für Staatliche Selbständigkeit

1832 Hambacher Fest, danach Verbot politischer Versammlungen durch den
Bundestag

Erste eigene Zeitschrift Glasbrenners „Don Quixote“
Beginn der Reihe „Berlin wie es ist – und trinkt“

1839 Verbot der Fabrikarbeit für Kinder unter 9 Jahren in Preussen
und Zehnstundentag für Jugendliche

1840 Tod Friedrich Wilhelm III., Friedrich Wilhelm IV. wird Preuß. König
1844 Weberunruhen in Schlesien

1847 Wirtschaftskrise und Hungersnot in deutschen Ländern

1848 Februarrevolution in Frankreich
Trauerzug der Märzgefallenen zum Friedrichshain
Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche eröffnet
Oktober: Erneuter Volksaufstand in Wien
Dezember: Berlin im Belagerungszustand
„Kommunistisches Manifest „ von Karl Marx und Friedrich Engels

1849 Entwurf einer deutschen Reichsverfassung mit kleindeutscher
konstitutioneller Monarchie und erblichem Kaisertum. Friedrich Wilhelm IV.
lehnt die Kaiserkrone ab.

Auflösung der Deutschen Nationalversammlung am 18. Juni

1851 Formelle Wiederherstellung des Deutschen Bundes

1853 bis
1856 Krimkrieg

1859 Krieg zwischen Österreich und Frankreich

1864 Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark

1865 Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins als
Beginn der Frauenbewegung

1855 Krieg zwischen Preußen und Österreich um die Vorherrschaft in Deutschland

1870 Krieg Preußens gegen Frankreich

1871 Gründung des Deutschen Reichs

Also für damalige Zeiten waren das auf jeden Fall allerhand Zeiten. Jedenfalls politische. Seine persönlichen Reibereien aufgrund seiner satirischen und politischen Artikel brachten ihn nicht selten in ärgerliche Verwicklungen, die aber ein weiteres Kapitel füllen würden. Damals ist man ja im Verhältnis zu dem heutigen Umgang mit derlei Dingen dermaßen zimperlich umgegangen – da hagelte es sogar Ausweisungen und man mußte ins Exil. Da wurde einem sogar gelegentlich die Existenzgrundlage genommen. Na ja – damals. „Damals hattenwa ja auch‘n Kaiser“ ist so ein lapidarer Spruch.

Ich krame ganz gerne mal in den diversen Historien herum – da stößt man öfter
auf ganz interessante Informationen. Wie es einmal war und so – ,
,
Na ja, muß ja nicht jeder lesen.

Ansonsten: Viel Vergnügen

SPLITTER (49)

Berliner Geschichte(-)

Ja, man ist ein Berliner Kind, das sollte man einfach nicht vergessen. Von Zeit zu Zeit erfolgen ja immer Anstöße, wenn man gelegentlich auf Personen trifft, die dann den gleichen Hintergrund haben. So zum Beispiel einen ziemlich alten Herren, der dunkelbraune Knopfaugen hat und ein hintergründiges, verschmitztes Lächeln. Und ein weiterer alter Herr mit einem eisengrauen Bürstenhaarschnitt und einer Unmenge Falten im Gesicht. Die schauen den Enten am Dorfteich zu und ab und an sagt mal einer einen kurzen Satz. „Wat quaken die denn andauernd?“ „Na, da wirft doch so`n Heini immazu wat in‘t Wassa. Wer weeß, wattet is. Imma rin in Teich, sieht ja keena!“ „Na, vielleicht is‘nt een Tierfreund. Vielleicht denkta, die ha‘m Hunga?“ „Na, der sieht aber nich aus, als wenna denkt!“

Ich denke aber im Vorbeigehen und muß lachen. Aber leise vor mich hin. „Sonst denkta noch, wat will die denn?“ Und dann fallen mir wieder so uralte Geschichten ein. Mein Vater war ja ein waschechter Berliner, obwohl er eigentlich nie berlinert hat. Meine Kinder berlinern bis heute nicht. Aber den Dialekt, die Schnelligkeit der Sprache und den stets unterschwelligen Humor haben sie auch drauf. Und ich habe immer gerne zugehört und ich habe es „auch drauf“, benutze es aber nur in bestimmten Situationen. Zum Beispiel (noch im Berufsleben) in den Handwerksbetrieben und auch bei den Urberliner Geschäftsleuten ist es noch üblich. Das nimmt sich, glaube ich, auch niemand wissentlich vor, das geht einfach ganz von selbst los.

Eine Urberliner Institution ist Adolph Glasbrenner gewesen, der Vater des Berliner Witzes, wie man ihn nannte. Er hat ihn nicht erfunden, der war schon da – aber er hat ihn aufgeschrieben und nicht gerade kultiviert, aber festgehalten. Auch Jonny Liesegang hat sich mit dem Festhalten des Berliner Dialektes verdient gemacht, Man unterscheidet schon den Jargon der einfachen Leute mit dem gewitzten und rasanten Dialekt. Ich habe keine Befürchtung, daß er aussterben wird.

Während Jonny Liesegang sich zwischen den kleinen Leuten herumtrieb und Augen und Ohren offen hielt, speziell in Wedding und Moabit denke ich, schrieb Glasbrenner hingegen viele Berliner Geschichten, war auch politisch sehr engagiert, und hatte unliebsame Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit. Na, ich bin ja mehr eine Geschichtenerzählerin als daß ich Geschichte erzähle, da werden sich die interessierten Berliner schon Möglichkeiten verschaffen, selbst ein bißchen in vergangenen Zeiten herumzustöbern. Zumindest ergibt sich dann meistens der sogenannte „Aha“ Effekt.

Ein Urberliner Original war auch der Eckensteher Nante. Noch als Kind, als wir in der Feilner Ritze wohnten, grölten wir gemeinsam „Eckensteher Nante geht zu seiner Tante, läßt  sich ein  Stück Kuchen geben,  sagt noch nicht mal Dankeschön!“
Der stand der Überlieferung nach in der Nähe einer Kneipe im Laufe des Vormittags und begrüßte den hellen Tag mit “Welt, jetz kannste wieda loslejen! Lebenslauf, ick erwarte dir.“

Und auch ein bißchen dem Volk auf‘s Maul geschaut und überliefert.

Der Kapitalist: Das Gold muß eine Menge Luft enthalten. Wie könnten sonst diese Kerle so aufgeblasen sein?

Mathematische Aufgabe: Wenn die Prügelstöcke für ein Volk anderthalb Elle lang und einen Zoll dick sind, wie lang ist dann der Geduldfaden dieses Volkes?

Um etwas zu gelten, müssen sich die Nullen immer hübsch rechts halten.

Die Edelhirsche schießt man tot. Den Schnüffelhunden gibt man Brot.

Jetz binnick aba müde, Nachti!

SPLITTER (48)

SPLITTER (48)

In den Weiten des Weltraums

Natürlich hatte man gerne utopische Geschichten gelesen und ein bißchen fantasiert, aber reale Vorstellungen hatten wir ja eigentlich nicht. „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“, „Die Reise um die Welt in achtzig Tagen“. Es war etwa so, als läse man Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. So richtig Geld für Bücher hatte man ja nicht, und in den Leihbüchereien war eigentlich auch nur Unterhaltungsliteratur zu finden. Aber natürlich waren wir Fans von Jules Verne.

An manchen Abenden saßen wir beim Schein einer Kerze und Kaffee, der inzwischen kalt geworden war, und natürlich gemütlich Zigaretten rauchend um den Couchtisch und erzählten uns was. Manchmal so etwas wie: „Weißt du noch…“ oder „Kannst du dich noch daran erinnern….“ Also entweder quatschten wir bis in die Puppen, oder wir schwiegen und lasen bis in die Puppen. Ab und zu steckte unsere Mutter, auch eine Nachteule, (sie hatte es mit den Kreuzworträtseln) den Kopf durch die Tür und sagte vorwurfsvoll: „Geht ihr den immer noch nicht schlafen?“

Na ja. Die Mondlandung hatte ich ja nun schon vorweggenommen. Aber immerhin waren wir damals fasziniert von einer in unseren Augen unglaublichen Unternehmung, und das war die Weltraumfahrt des Juri Gagarin, über die ja der Ostsender reichlich unterrichtete. Der Weltraumflug des Juri Gagarin fand im April 1961 statt. „Völlig losgelöst von der Erde…ist das Raumschiff.“ Wie es in einem Schlager heißt. Es wurde dokumentiert, daß er in 106 Minuten die Erde umrundet hatte. Mit einer Wostok Trägerrakete. Irgendwann mit irgendetwas beginnt immer wieder ein neuer Schritt in das Weltall.

Juri war ein relativ kleiner Mann, er maß nur 1 Meter 58 oder so, wie mein Vater. Juri Gagarin war bestimmt ein ungewöhnlicher Mensch und ein „verdienter Held des Volkes“, aber leider war es ihm nicht vergönnt, noch weitere Heldentaten zu begehen. Er war bei dem Absturz des Sojus 1 ums Leben gekommen, über dessen Ursache wohl noch immer Unklarheiten bestehen. So ist das gewöhnlich meistens mit den Abstürzen – die Ursachen sind selten völlig klar festzustellen und im Laufe der Zeit ranken sich Geschichten darum.

Er verunglückte am 27. März, und da habe ich Geburtstag.

Inzwischen gibt es bei der Raumfahrt und der Erkundung des Weltalls so viele Informationen, die ich sehr gerne verfolge aber nicht unbedingt immer verstehe. Aber es ist spannend und interessant. Ich finde, unsere Welt ist in einem belämmerten Zustand, zumindest, was die gegenwärtige Situation betrifft. Aber vielleicht eines Tages – ein ständiges Kommen und Gehen auf diesem Planeten – weiß man‘s?

SPLITTER (47)

Aufregung pur

Am 21, Juli 1969 wurde einer meiner „Pfleglinge“ Papa. In den Nachmittagsstunden besuchte er seine Frau auf der Entbindungsstation im Auguste-Victoria-Krankenhaus, um sich seinen Nachwuchs zu betrachten. In der Zwischenzeit patrouillierte ich auf dem Munsterdamm bei seinem Auto auf und ab und wartete auf seine Rückkehr, da er meinte, es würde ja nicht lange dauern. Ich stellte meine Handtasche auf dem Autodach ab, schaute Löcher in die Luft und wartete geduldig auf sein Erscheinen. Na, endlich war es so weit. Er war ein sehr liebenswerter, geselliger Mensch, charmant und leichtsinnig und hatte mehr Schulden als Haare auf dem Kopf, aber ein sehr elegantes Geschäft mit einer Menge Designermöbeln, die kaum bei einem Durchschnittsbürger Gefallen fanden. Aber seine Klientel war entsprechend abgehoben; man lernte eine Menge irre Typen kennen.

Nach einer kurzen Strecke vermißte ich meine Handtasche, und nachdem mir einfiel, daß ich sie auf das Autodach gestellt hatte, wo sie ja nun nicht mehr sein konnte, setzten wir zurück. Nun, auf dem großen Munsterdamm, zumal noch auf der Krankenhausseite, ging außer einer Verrückten wie mir kein Mensch spazieren. Wir hatten das Glück, den Ausreißer wieder einzufangen, gingen auf der Weiterfahrt irgendwo noch Kaffee trinken, um uns dann mit einigen seiner Kumpane an der Uni in der Hardenbergstraße zu treffen, um dann derselben (Uni) auf das Dach zu steigen.

Dort oben versammelten sich eine ganze Menge Leute und blickten abwechselnd wie verrückt durch ein langes Teleskop auf den Mond, und der blickte vollkommen uninteressiert auf das Dach der Uni. Wir wollten nämlich zusehen, wie die Fähre auf dem Mond landet. Na ja, da haben wir sozusagen in den Mond geschaut. Später hieß es, daß die Landung auf dem Mond auf der erdabgewandten Seite stattgefunden hat. Da hatten nun eine Menge Leute, wie man im Volksmund zu sagen pflegt, mit Zitronen gehandelt.

Nun hatte Neil Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond gesetzt, und wir sahen nur einen dunkelblauen Himmel und ein paar glitzernde Sterne. Voller Enttäuschung mußte man sich nun auch noch einigen, was man mit dem Rest des angefangenen Abends beginnen sollte. Den Spruch: „That‘s one small step for a man, one giant leap for mankind“ kannten wir da ja noch nicht.

Wenn ich mich recht erinnere, trieben wir uns noch eine Weile auf dem Ku-Damm herum, um unserer Enttäuschung Herr zu werden. Aber dann trafen wir im Alt-Berliner Biersalon (so hieß er damals, glaube ich) noch ein paar abgedrehte Kollegen, fuhren ins Geschäft, lümmelten uns in die Designerkreationen und tranken (ich weiß nicht mehr, was) und aßen, was wir unterwegs gekauft hatten (ich weiß nicht mehr was). Und einer von der Bande fuhr mich nachhause (ich weiß nicht mehr, womit)! Mit seinem Wagen natürlich, aber was für einer? Keine Ente jedenfalls.

Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken……

SPLITTER (46)

Begegnungen – Erinnerungen

Ich habe lange nichts mehr geschrieben, weil ich zum einen wenig Zeit hatte und zum anderen auch keine Lust. Was soll man denn immerfort erzählen. In all den vergangenen Jahren ist ja den meisten Menschen allerhand passiert oder sie hatten die gleichen Erfahrungen gemacht (machen müssen). In den kommenden Tagen wird es noch genügend Gesprächsstoff geben. Ich für meinen Teil bin nicht gewillt, mich daran zu beteiligen. Ich habe meine Erinnerungen, meine Erlebnisse und meine Erfahrungen und meine Auseinandersetzungen damit gemacht, und die sind und bleiben ein Teil meines Lebens.

In der Presse findet man hin und wieder immer noch Abhandlungen über Karikaturen und den Umgang mit ihnen. Nun, ich liebe Karikaturen, sie können bissig, ironisch und bösartig sein, aber ich finde, sie sollten nicht beleidigend sein. In der heutigen Zeit ist dem Umgang mit was auch immer keine Grenzen gesetzt. Anscheinend kommt niemand auf den Einfall, daß sich so eine Idee auch im Umkehrverhältnis entfalten kann. Mit ein bißchen Forschungsgeist finden man schnell den Punkt, wo man einem unliebsamen oder ungeliebten Opfer einen Schlag unter die Gürtellinie verpassen kann, die (in seelischer Hinsicht) mitunter tödlich ist. Beleidigungen, Verleumdungen sind doch heutzutage an der Tagesordnung. Das bedeutet für mich, daß es keine Selbstachtung mehr gibt oder jedenfalls in geringem Maße, Und Achtung vor anderen schon ganz und gar nicht. Wie schätzen diese Menschen sich selbst ein? Das ist mir ein Rätsel.

Früher, als ich noch jung war – das ist eine Lieblingsfloskel wenn ich mal wieder meine Vortragsreihe eröffne und den Leuten auf den Geist gehe – hatte Loriot (der damals auch jung war) Ärger mit seinem „Reinhold das Nashorn“, das für damalige Verhältnisse wohl zu heftig war und später hatte er dann diesen komischen Hund. Aber bissig (Loriot) ist er oft geblieben – und später hat sich ja nach und nach die Bevormundung ein wenig gelockert. Ich liebe zum Beispiel die hinterhältigen Karikaturen von Gahan Wilson.

Ein seinerzeit sehr bekannter Berliner Zeichner, Maler und Karikaturist war Ole Jensen, der ein Mandant war in der Kanzlei. in der ich arbeitete. Natürlich habe ich naturgemäß im Laufe des Lebens die Kanzleien gewechselt, denn zeitweise gab es eine enorme Abwanderung von in Berlin ansässigen Firmen, so daß die Branche an Auftragsmangel litt und sich oft kaum über Wasser halten konnte. Allerdings verschaffte mir der Wechsel stets die Bekanntschaft mit der „Berliner Prominenz“, so daß ich mich noch heute gerne an viele Begegnungen erinnere. Allerdings auch nur bei „Bedarf“, denn das Leben heutzutage kann man ja nicht eben als langweilig bezeichnen.

Na ja, was ich eigentlich ausdrücken wollte, ist, daß ich keinesfalls gegen Satire bin, und die von Loriot ist auch oft ganz schön heftig, und so gibt es einige, die können es einfach. Man muß und kann auch seine Meinung sagen, auch wenn sie dem anderen nicht paßt. Aber sei‘s drum, nicht zu fassen: der andere hat auch eine Meinung.

pn