Forschungsergebnisse

Als Berlin noch eine geteilte Stadt war, ergaben sich nicht allzu viele Gelegenheiten, mal auf die Schnelle ein bißchen zu verreisen, um dem Großstadtleben zu entfliehen. Ich hatte ein paar gute Bekannte in Bad Harzburg, und so hatte ich mit den Kindern öfter Gelegenheit, ab und an vierzehn Tage auszuspannen, wenn dann zu dieser Zeit schulfrei war. Auch die Busfahrt klappte meistens reibungslos.

Tochter und Freundin amüsierten sich auf ihre Weise und knüpften Bekanntschaften, ich amüsierte mich wie immer auf meine Weise, ging abseitige Wege und hörte den Leuten zu, oder saß irgendwo in einem Park oder Kaffeegarten und las.

Inzwischen habe ich längst vergessen, wie der große Platz hieß, an dem die Busse hielten. Dort gab es ein Café/Restaurant mit einem ziemlich großen Vorgarten, der aber meistens nur zu bestimmten Zeiten wirklich voller Gäste war. Und dort fand ich zu meiner Freude einen Tisch an der Außenseite und rundherum war alles leer und absolut ruhig. Und die Sonne schien und das „Leben“ konnte man etwas entfernt vorbeiziehen sehen. Wohlig lehnte ich mich in meinen Stuhl zurück, und die Serviererin ging lächelnd an mir vorbei und sagte: “Ich komme gleich zu Ihnen!!“

Plötzlich aus dem Nichts erschien ein altes Ehepaar, zog sich gleichzeitig zwei Stühle heran und fragte: “Is hier noch frei?“  und noch ehe der kurze Satz ausgesprochen war, hatten sie schon Platz genommen. Ich hätte gerne ostentativ den Tisch verlassen, aber weil ich tatsächlich mal Erziehung genossen hatte, nahm ich davon Abstand. Die Bedienung trat inzwischen leicht verwirrt an den Tisch, und die alten Leutchen trompeteten ihre Bestellung bereits in ihre Richtung. Ich wollte Pflaumenkuchen mit Sahne und Kaffee. Auf dem Tisch befand sich ein durchsichtiger Plastikständer mit der Speisekarte und eine gesonderte Karte für Eis, einen Prospekt über Bad Harzburg und Umgebung, ein Salz/Pfeffer/Senf-Ständer und ein Zuckerstreuer. Einer von diesen, die mit einem Röhrchen nach innen versehen sind, so daß man den Zucker gezielt in die Tasse streuen konnte.

Rechts neben mir, an der Schmalseite, hatte der Opa Platz genommen, mit gegenüber saß seine Frau. Sie hielten sich bei der Hand, und schon überkam mich heftige Rührung. Bisher hatten sie geschwiegen, aber ihr Gedeck war inzwischen auch gekommen und ich merkte an dem kurzen Gespräch mit der Serviererin, daß es zwei urwüchsige Berliner waren. Na, da tat ich ganz uninteressiert und so, als ob ich mit den Gedanken bei meinem Pflaumenkuchen wäre. Nun, das wurde auch umgehend Realität, denn eine Wespe näherte sich. Ach, zunächst war es nur eine, aber in der Nähe warteten garantiert noch ein Paar Artgenossen. „Mein Pflaumenkuchen!* Diese eine aber machte kurze Rast auf meinem Teller, zeigte wenig Interesse an Pflaumenkuchen und Sahne und nahm Platz auf dem Röhrchen vom Zuckerstreuer. Meine Tischgenossen bevorzugten die langsame, getragene Redeweise, bei der man ständig die Befürchtung hegte, sie wären kurz vorm Einschlafen.

„Mensch kiekma Oschi. Oschi, kiekma – die Wespe. Kiekma wat die Wespe macht. An den Szuckanapp“

„Trudchen, dit is wie in Bad Grund. Weeßte nich mehr? Da war doch ooch so‘ ne Wespe.“

„Ja, jetz weeß ick wieda. Da hattense ooch sonne Szuckanäppe.
Und denn wollte die Wespe ooch da rin. Aber denn….“

“Kuckma, kuckedochma, wenn se so weiter macht, fällt‘se doch rin….
wie in Bad Grund. Die is ja ooch ringefallen.“

Als die Wespe „rinjefallen“ war, sahen mich die Beiden hilflos und wortlos an. Ich grinste, schüttelte ein bißchen den Szuckanapp und erntete ein freundliches Kopfnicken. Die Wespe war allerdings ein bißchen doof und versuchte auf der Stelle, wieder in das Röhrchen reinzukriechen. Verfressnes Ding.

„ Du, Oschi, weeßte noch in Hahnenklee, wo dit mit den Appel-kuchen war. Da war jo ooch soone Wespe. Die ist ja ooch andauernd um den Szuckanapp jeflogen. Und denn hat‘se ooch uff dein Tella jesessen, weeßte noch?“ „Jaha, weeß ick. Aber da war ja nich nur eene Wespe, da sind ja denn noch welche anjekommen. Und von den Kleenen seine verschüttete Cola wo die Fütze uff‘n Tisch war, sind die immer durchjeloofen!“

„Du Oschi, Kiek ma, die Wespe! Die fällt gleich wieder rin!“ „Na lasse doch, wennse so doof is.“ „Du Oschi, weeßte noch, in Bad Sachsa?“ „Wat meenste denn, die Wespen oder den Szuckernapp?“ „Na, ick meene die komischen Szuckanäppe, wo immer sonne kleene Klappe uffjejangen is. Ulkig. Aber Szucker is ja rausjekommen.“ „Jahaha, da habe ick immer druff jewartet, det die Klappe mal die Wespe uff die Bonje fällt!“ „Ach, Oschi!“

„Siehste Trudchen, nu isse wieda rinjefallen.!“ und zu mir: “Könntn‘se fleicht nochma?“ Aber selbstredend. Klar, kannick doch!

„Du Oschi, in Goslar hattense keene Szuckanäppe, da jab et nur sonne Tütkins mit Szucka, wo noch son Bild druff war, damit man weeß, wo man is. Szuckanäppe hattense da nich.“ „Trudchen, det war ja ooch een Hotel. Da habense eben Tütchins. Da kann eben keene Wespe rinkrabbeln.“ „Ach, deshalb?“

So klein ist der Harz ja doch auch wieder nicht. Bevor ich über die Ausstattung mit Zuckernäpfen der Gastronomie in den übrigen Ferienorten Informationen sammeln konnte, zog ich es vor, nun langsam aufzubrechen. Die Wespe war auch weg. Entweder gelang ihr die Flucht oder sie lag bewußtlos im Szuckanapp.

 Bemerkenswert aber finde ich, wie oft damals die Berliner in den Harz gefahren sind, um sich ein bißchen zu erholen. Über Helmstedt – wo auch der Bus erst mal hielt, man durchgeatmet hat und Kaffee trinken konnte. Oder die jungen Leute mit dem Motorrad eine Spritztour machten, bis Helmstedt, Kaffee trinken und zurück.

Berlin, den 6.7.2013/Lewi

Meine Stadt – Meine Liebe * Berufsleben (5)

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM GEBURTSTAG (5)

Falls jemand zu der irrigen Annahme verleitet wird, es könnte sich um meinen Geburtstag handeln: mitnichten. Irgendein Herr in irgendeiner Position, der zu den Honorationen aus Zeuthen gezählt werden mußte, aber dem die Übersiedlung nach Westberlin bereits gelungen war, wurde ein Jahr älter, und meine drei Musketiere beschlossen, ihm aus alter Tradition ein Geburtstagsgeschenk zukommen zu lassen, was ihn ganz besonders als Erinnerung an alte Zeiten erfreuen würde. Womit man ihn besonders erfreuen könnte, stand bereits außer Zweifel.

„Also Hilde, sie gehen in die Eisenbahnhalle und holen von dem Fischhändler, der gleich den ersten Stand am Eingang hat, einen lebenden Aal. Der packt den gut ein, und dann bringen Sie ihn her. Einer von uns wird dann das Geschenk abgeben. Der Mann ist nämlich passionierter Angler. Wenn Sie wissen, was das bedeutet. Na, wie sollten Sie denn. Sicher nich. Nichwa?“ Also ging ich durch die Manteuffelstraße und dann über den Lausitzer Platz in die Eisenbahnstraße und dann in die Markthalle und dann zu dem Fischhändler wie beschrieben und verlangte einen lebenden Aal. „Aber bitte gut einpacken!“ „Aber sicher Kindchen. Hier kaufen kleine Fräuleins am laufenden Band lebendige Aale. Achherrjeh. Wer hat dich denn jeschickt,, Kleene?“ „Na, mein Chef. Ist das denn gefährlich?“ „Nö, jefährlich isses nich!“ „Na also!“ Er faltete den lebendigen Aal zu einem S zusammen und packte ihn fest in Zeitungspapier ein und band sogar noch ein bißchen Strippe drumrum. Ich fand das eine Tierquälerei, aber ich hatte ja nichts zu entscheiden. „Am besten preßte‘n untern Oberarm, so. Feste andrücken, nich locker lassen. Haste es weit?“ „Na ja, Reichenberger -“ „Halt bloß jut feste, Mädel.!“

Unter meinem Oberarm randalierte der Aal wie verrückt und der Weg wollte kein Ende nehmen. Ich hatte nicht gewagt, den Arm zu lockern und hätte gerne geweint. Aber dann war ich doch endlich wieder im Büro angekommen. Ich bummerte mit der Fußspitze gegen die Tür und der Braune (Herr Rebs) öffnete sie .„Na hamse‘n“Fragte der Doktor.“Ja“ sagte ich, lockerte über dem Schreibtisch den Arm und ließ das Paket fallen. Es machte einmal flutsch und der Bindfaden schoß davon. Danach das durchnäßte Zeitungspapier und der Aaal wand sich, wild um sich schlagend, über den Schreibetisch, zog eine dünne Blutspur hinter sich her und landete auf dem Fußboden. Der Doktor saß kreidebleich am Schreibtisch und der Panzerkommandeur drückte sich in die Ecke hinter der Eingangstür. „Hillllde, fangen sie ihn ein“ hauchte der Doktor, und Schulze Willi, der die ganze Zeit schweigend hinten in der Ecke neben dem Schnellkocher und der Kaffekanne Schutz gesucht hatte, blieb stumm wie ein Fisch. Der Aal schlingerte über den Fußboden, und zwar bemerkenswert schnell. Hilde griff blitzschnell nach ihrer Handtasche, quetschte sich durch die Tür und rief heiser: “Ich hole Hilfe“, und von drinnen wurde die Tür schnell wieder geschlossen. „Hilde ging eine Treppe höher zu Herrn Minkwitz, erzählte kurz die interessante Story und bat ihn, als Retter in Erscheinung zu treten.Wobei noch zu klären war, ob er den Aaal oder das Militär retten sollte. Aber zunächst mal machte er gar nichts und sagte:“die lassen wir mal‘n biskin schmor‘n. hm?“    „Hm Hm“ griente ich. „Die hätten doch dem Angler ooch n‘ Bückling koofen können. Wat soll der denn jetz mit dem armen Tier anfangen!“ „Na, erst muß er es doch haben!“ „Haste ooch recht.!“ „Also, ich mach mir nichts aus Fisch!“

Am nächsten Tag ging ich mit gemischten Gefühlen zur Arbeit. Ich fürchtete Vorhaltungen und Zurechtweisungen. Im Geiste suchte ich schon Antworten auf noch nicht gestellte Fragen. Aber man soll‘s nicht für möglich halten. Es ist von niemanden auch nur mit einem einzigen Wort dieser Zwischenfall diskutiert worden. Am wenigsten von mir. Ich war froh, daß dieser Vorfall bereits der Vergessenheit anheim fiel. Und die anderen drei (Kriegs-) teilnehmer waren wohl auch froh, daß dieser Überraschungsangriff durch den Firniskocher abgewehrt
und letztlich wohl der Feind vernichtend geschlagen worden war,

Meine Stadt – Meine Liebe * Berufsleben (3)

Der Ernst des (Berufs-) Lebens       (3)

Anm dritten Tag meiner unmittelbaren Zukunft als berufstätiger Mensch wurde ich  vom Doktor mit heißem Tee empfangen. „Woll‘se ooch ‘nen Keks?“ Ja, wollte ich. Nach einer Weile klopfte es an der Wellblechtür, aber ohne ein „Herein“ abzuwarten betrat der Briefträger den Raum. „Morgen Doktor“ „Morgen Herr Postrat. Was habense denn Schönes für mich?“ „Ob‘s schön is, weiß ich nich, aber es is wenich“. „Na wenich is doch schön, nichwa!“

„So, Hilde (mit einem L), heute schreiben wir mal einen Brief. Setzen Sie sich mal hier her zu mir an den Tisch, und dann stenografieren Sie, was ich Ihnen diktiere. Brauchen Sie die Tischlampe oder ist es hell genug?“ „Es ist hell genug.“ „Na ja, Sie leuchten ja selber, ha ha ha ha!“ Also, wir schreiben jetzt mal einen Brief. Den wollte ich schon lange beantworten, aber ich bin nich dazu jekommen. Also, nun schreibense mal: sehr jeehrter Herr Venzke mit Zett und Vogelfau, in Beantwortung Ihres sehr jeschätzten….blablabla. Undsoweiter, Ich weiß nich, warum ich sehr jeschätzter schreiben muß, ich schätze den janich. Also, schreibense mal da was anderes hin……

 Vom Frühstück bis zu Nudelsuppe waren einige Stunden vergangen und mein Stenoblock war halb voll. „Lesen Se mal vor. Ja. Also. Hm. Nenenee, das machenwa anders. Schreiben se mal den zweiten Absatz als erstes, und denn erst, wattich zuerst gesacht hatte, also ab: dazu muß ich bemerken…usw. Und den dritten Teil könnse streichen, den nehmwanich, da diktiere ich Ihnen jetzt was anderes. Am späten Nachmittag stand das Manuskript, geschrieben sollte es nun aber erst morgen werden, denn er wollte noch mal überlegen, ob man das Schreiben überhaupt beantworten sollte. „Müssense schnell nachhause oder könnwa nochma kurz?“ „Kurz könnwanochma.“ „Na gut. Dennlesense mal!“ Zwei leere Seiten hatte der Stenoblock noch- Ich las. Stellenweise ein wenig holperig, weil allemal etwas durchgestrichen war, dann durch besondere Zeichen wieder als gültig erklärt wurde. „Na gut, Hilde. Das is doch alles verständlich, oder? Aber besser wäre doch, wenn wir den zweiten Absatz wieder einsetzen und mit dem ersten anfangen, wie zuerst…….!“ „Quatsch mal weiter, du scheinst was zu wissen!“ (Das ist so ein alter Berliner Spruch.) Ich ließ ihn nun erzählen, malte ein paar Kringel in den Text und dachte an alles mögliche, aber nicht mehr an diesen Brief. „Den könnense doch morgen schreiben, Hilde. so eilig isses ja auch wieder nich!“

Dieser Arbeitstag hatte mich erschöpft. Langsam und müde schlurfte ich nachhause. „Warum kommst Du denn so spät?“ wollte meine Mutter wissen. „Es war so viel zu tun heute und es war auch etwas nervig.“ „Sei froh, daß du Arbeit hast.!“ sagte sie. „Ja,bin ich ja auch.“

Am nächsten Tag, der wieder mit Tee und Keks begann, schrieb ich diesen Brief, las ihn zwei mal durch und fand ihn beachtenswert. Ich hatte den Text nach meinem Empfinden zusammengestellt, viel Überflüssiges ausgelassen und ein paar höfliche Erklärungen hinzugefügt. Und „mit vorzüglicher Hochachtung“ beendet.

Der Doktor hatte einen Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt und hielt sein Kinn in der linken Hand, der Brief lag auf dem Schreibtisch und es dauerte ewig, bis er ihn zu Ende gelesen hatte. „Hilde, jetz hab ich drei mal jelesen. Das habe ich alles jesacht, zu diesem unsympathischen Idi – Ich meine, zu diesem unmöglichen Menschen? DAS habe ich alles jesacht? „Zum größten Teil“ sagte ich. „Hilde, Hilde, Hilde! Und, schicken wir das ab?“ „Das weiß ich nicht!“ „Aber ich weiß das. Dieser Trottel wird diesen schönen Brief nicht bekommen. Er wird überhaupt keinen Brief bekommen. Und falls er hier mal anrufen sollte, sagen Sie einfach: wir hatten Ihnen doch eschrieben… undsoweiter. Na, da fällt Ihnen sicher etwas ein.!“

„Heute keine Suppe?“ „Nein. Machen Sie mal bißchen heißes Wasser und waschen sie das olle Ding aus. Ist ja eklig mit der Zeit. Und dann holen Sie paar Schrippen und was ordentlich drauf vom Fleischer. Italienischen Salat oder so was, ich koche inzwischen Kaffee. Das kann ich!“ Ich mußte lachen:  „mit Hut!“  Gegen 15 Uhr kam der braune Ledermantel. Der war unser Vertreter und kam aus der gleichen Gegend wie der Doktor. Werner Reitz, ehemaliger Panzerkommandeur.  Ein netter, gebildeter ruhiger Mann mit einem nervösen Augenzucken. Es ist ja etwa sechzig Jahre her, aber wenn ich zurückdenke, glaube ich mich an jeden Tag zu erinnern. Er war auch ein sehr sanftmütiger Mann. Der grüne Ledermantel kam etwas später, das war Wolfram Schütz  ehemals Stukaflieger. Auch aus der gleichen Gegend wie der Doktor. Rund um den Zeuthener See.Auch mit einem kleinen Nerventick. Ernsthaft und gebildet. Und Vertreter für Emailleschilder.

Und dann der Doktor /der Chemie? Den hatten sie nicht eingezogen. Die anderen beiden waren so um die 35 Jahre alt. Ursprünglich hatten sie wohl andere Lebensbensträume. Na, wie sie privat waren. weiß ich natürlich auch nicht zu berichten, aber sie waren weder onkelhaft noch väterlich, sie waren einfach nett. Und alles in allem herrschte wirklich eine große Harmonie. Hat man ja auch selten.

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Nach einer guten Woche war ich nun mit allem vertraut und der Doktor nahm jede Gelegeheit wahr, unterwegs zu sein. So wurde es denn langsam Spätherbst und Winter, und ich war die meiste Zeit in dieser Höhle mit dem Sack Putzlappen, dem Bullerofen und dem Gestank alleine. Der Stenoblock war ja voll und ich mußte keinen zweiten mehr benutzen, denn ab sofort schrieb ich alle Briefe selbst und der Doktor zeichnete sie ab. Auch sonst zog er sich weitgehendst aus dem Geschäftsbetrieb zurück, weil er mit anderen Aktivitäten zugange war. Über die

man noch berichten wird, nichwa!

 

Meine Stadt – Meine Liebe * Berufsleben (4)

GRAUER ALLTAG – Kunterbunt – im Berufsleben (4)

Nachdem die Erledigung der Post so vorzüglich geklappt hatte, hatte ich ab diesem Tage alle Briefe selbst beantwortet und der Doktor hat sie unterschrieben. Damit entfielen schon mal die Kosten für nicht benötigte Stenoblöcke pro Arbeitstag.

Kein Mensch kann erwarten, daß ich nach so langer Zeit ein chronologisches Tagebuch schreibe. Die ersten drei Tage, die sich tatsächlich so abgespielt hatten, werde ich auch mein Lebtag nicht vergessen, und auch an viele Dinge werde ich mich gerne erinnern, aber nicht in einer bestimmten Zeitfolge. So werde ich sporadisch festhalten, was ich besonders (gerne) in Erinnerung behalten habe.

Meine vier Herren wohnten alle im Nord(-Osten). In Ihre Richtung fuhr vom Görlitzer Bahnhof, der ja auch zerstört war, von Gleis eins oder drei, ist doch vollkommen egal, ein Vorortzug (ältestes Modell) Nach Zeuthen.am See. Ich glaube, es war sogar das uralte Modell, wo die Türen zum Abteil jeweils nach draußen zu öffnen waren. Nämlich auch aus einem ganz bestimmten Grund. Aber das führte auch dazu, daß meine Herren eben nicht immer pünktlich waren oder sein konnten. Im Berliner Südosten, speziell Oranienstraße, Leuschnerdamm, einenTeil der Ritterstraße, war das graphische Gewerbe angesiedelt so wie in der Kochstraße die Zeitungsverlage. Auch sonst gab es ja eine Menge kleinere Fabriken (Reichenberger Straße )und weiter noch hinauf zur Warchauer Brücke. Die kleineren Unternehmen, bzw. deren Unternehmer, hatten sich wie überall üblich, im Umland angesiedelt. Das war so in Charlottenburg und überall, wo die Stadt bald zuende war (anfangs zumindest), und man sich auf dem Lande niederließ.

Schulzendorf, Eichwalde, Zeuthen. das lag dich beieinander. Der Osten hielt viele Schikanen parat und die Fahrten von und nachhause waren recht abenteuerlich. Mein Doktor hatte eine Wohnung am Südstern ergattert, wo er seine Familie, Frau und zwei Kinder, schon provisorisch untergebracht hatte. Die anderem beiden trugen sich offensichtlich nicht mit dem Gedanken, rechtzeitig abzuhauen, weil sie sicher kinderlos waren. Ich weiß es aber nicht.

Im Laufe einiger Tage, wahrscheinlich sogar Wochen, wurde nun das meiste von der Einrichtung des Doktors in Teile zerlegt, und die Fahrt nach Berlin war jeweils etwas unbequem, wenn man z. B. ein Tischbein unter dem Mantel trug und es durch die Kontrollen bringen mußte, Deshalb meine ich mich nicht zu irren mit der Vermutung. daß dieser alte Zug die Strecke fuhr, denn wenn man in einen Waggon gestiegen wäre, hätte das mit dem Tischbein oder dem Schubkasten der Anrichte bzw, dem Spiegel von der Frisierkommode nicht geklappt. Das waren aufregende Wochen und manchmal stumme Tage, weil man nie wußte, was morgen sein würde. In dieser Zeit hatten wir auch keine Witze gemacht. Außerdem mußte ja jeder ein anderes Abteil benutzen. Wenn nun plötzlich einer gefehlt hätte, hätte wohl keiner je erfahren, wo er abgeblieben ist. Es ging eine ganze Weile gut, aber dann wurden die Kontrollen immer bösartiger, und so gelang es natürlich nur, einen kleinen Teil nach Westberlin zu schaffen.

Dann saß der Doktor in seinem Schreibtischsessel, hielt sein Gesicht in den Händen und sagte:“Hilde, Hilde, Hilde, Hilde, ich werde verrückt.“ Und meine beiden Kriegshelden setzten sich jeder in einen der Clubsessel und beschlossen, zusammen mit dem Doktor und mir die Geister zu befragen. Sie wollten eine spiritistische Sitzung veranstalten, und der Couchtisch war offensichtlich nur geleimt und hatte keine metallischen Störenfriede, die das Ritual hätten scheitern lassen. Also tranken wir erst mal Kaffee und teilten die restlichen Kekse untereinander auf, holten tief Atem und einer löschte das Licht. Da wurde es aber im wahrsten Sinne des Wortes zappenduster. Nicht mal das Ofenrohr glühte, und dann saßen wir um den Tisch und legten die Hände aneinander, Nun war ich aber immer noch siebzehn, fast achtzehn und kaufmännisch absolut versiert und selbstsicher. Aber nie in meinem Leben hatte ich Geister befragt. Die Herren hatten sich aber geeinigt, erst mal eine leichte Frage zu stellen, um den Geist nicht gleich zu erschrecken.

Man stelle sich also mal vor: Ein Mann circa 45 Jahre alt und Vater von zwei Kindern mit einem Doktortitel in Chemie, ein Panzerkommandeur, ein Stukaflieger, und eine durch die unerbittlichen Anforderungen des Leben gestählte siebzenjährige kaufmännische Alleinkraft, die nun den Geist das Fürchten lehrten. Wo sollte er hin. Hinter ihm der Bullerofen, vor ihm die Wellblechtür, die nach innen aufging, und eine durch Eisengitter gesicherte Luke, wo wahrscheinlich auch ohne die Gitterstäbe kein Geist hätte die Flucht ergreifen können.

Die Finger lagen aneinander, wo die Knie waren weiß ich nicht, denn wie und wer sollte also den Tisch bewegen. Als sich die Spannung dann ins unerträgliche steigerte, mußte ich plötzlich furchtbar niesen. Wahrscheinlich hatte das an dem kalten Rauch von den gräßlichen Zigaretten, die der Doktor rauchte, wenn er erst nachdenken und sich dann wieder an den Kopf fassen und „Hilde, Hilde, Hilde, Hilde, ich werde verrückt,“ sagte, gelegen.

Natürlich hatte ich bei dem Nieser sofort die Hände vor die Nase gehalten, und zwei Nieser kamen noch hinterher. Die Tür ging auf, das Licht ging an und Herr Minkwitz sagte:“auf Wiedersehen, ich gehe jetzt.“ Er schaute einmal im Kreis, nickte verständnislos und verschwand.

„Hilde, Hilde, Hilde, Hilde“

Einen zweiten Versuch hatten wir aber nicht mehr unternommen, Was hätte der Geist schon sagen können. Dann goß der Doktor jedem einen Cognac ein, schüttelte mit dem Kopf, sagte nochmals „Hilde, Hilde, Hilde,Hilde!

Na, denn Wohlsein!“ Es hat mich zwar geschüttelt, aber ich habe tapfer das Glas
geleert.

Berlin, den 27. September 2012/LEWI

Meine Stadt – Meine Liebe * Berufsleben (2)

Der Ernst des Berufslebens (2)

Ja, und denn war es morgen. Ich hatte die halbe Nacht Stenografie geübt und hoffte, daß ich nicht gleich ein Diktat aufnehmen mußte. Bei den ersten Gehversuchen ins Berufsleben hatte nämlich kein Mensch einen fragt, was man werden möchte, und schon ganz und gar als Mädchen. „Elvira geht auf die Lette-Schule“ hatte ihre Mutter etwas von oben herab bemerkt, „damit sie später auch perfekt einen Haushalt leiten kann.“ Man konnte auch als Krankenschwester arbeiten, aber „für Gotteslohn“. Eine junge Schwester beksm nämlich nur ein Taschengeld, wenn überhaupt. Besonders in den katholischen Krankenhäusern arbeiteten sie „freiwillig“, und wenn Gottesdienst war, konnten die Kranken auch… na ja, da kam eben niemand. Entweder konnte nicht oder durfte nicht! Je nach Dringlichkeit überließ man das dem himmlichen Vater. Ich meine, wenn Gottesdienst war, und das war er ja einige Male am Tag, übernahm während dieser Zeit die allerhöchste Instanz die Verantwortung.

Na gut, ich schrieb einigermaßen schnell und konnte es auch lesen. Und dabei kam mir mein gutes Gedächtnis zu Hilfe. Also begab ich mich schon im Morgengrauen in die feindliche Welt. Wir hatten uns auf ein „Gehalt“ von 60.– D-Mark geeinigt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden. Einen jungen Menschen von heute packt bei der Vorstellung bereits das Entsetzen, aber man arbeitete ja nicht mit der Faust im Nacken, sondern mehr oder weniger gemütlich vor sich hin.

Als ich „pünktlich“ fünf Minuten vor 8 Uhr und frierend ins Büro kam, saß der Doktor schon in Hut, Schal und Mantel vor dem Bullerofen am Schreibtisch, es stank nach brennenden Putzlappen (die stanken auch, wenn sie nicht brannten) und das Ofenrohr glühte freundlich.

„Guten Morgen Hillllde.“ (Gleich wird er bellen, dachte ich.) „Na, dann kommen Siemamit.“ Wir begaben uns in die obere Etage. Auf den Treppenstufen mußte man vorsichtig gehen, sie waren irgendwie glitschig. Als wir die erste Etage erreichten, stand da ein gedrungener Mann mit einem sehr freundlichen Gesicht und dreckigen Klamotten und kochte Firnis. Das stank (zum Himmel geht nicht, weil da kein Fenster war). Es stank jedenfalls tierisch. Und in dem Raum, der sozusagen über dem Büro lag, aber nach hinten heraus viel größer war, bewegten zwei große lederne Keilrienem, die elektrisch betrieben wurden (es gab ja Elektrizität. Toll, was?) die großen Walzen, die die Farben rieben.
Das war das Reich von Herrn Minkwitz, der die Farben nach Farbproben herstellte. Der Doktor und er arbeiteten Hand in Hand auf sehr freundschaftlicher Basis und mit großem Sachverstand, und ich kann mich nicht erinnern, daß sie je aus irgendeinem Grunde aneinander geraten sind.

Nachdem ich zunächst oberflächlich aufgeklärt wurde, wie das alles hier so läuft, gingen wir wieder nach unten, der Doktor warf zunächst zwei bis drei Putzlapppen in den Ofen und sagte: „Nu holn‘se unsma Frühstück.“ Das tat ich und holte vom Bäcker 2 Streußelschnecken. Stullen hatte man ja meistens von zuhause mit. „Wat ham‘se denn nur mit dem janzen Papier jemacht, Hilde (diesmal nur mit einem L) Ich find‘ ja nischt mehr wieder!“ Während ich die Schnecke aß, erklärte ich ihm immer in dem Augenblick, in dem ich nicht kaute, was ich damit gemacht hatte, und wenn er nicht kaute, fragte er “Und wo ist….!“ „Und wo sind….“ Hinten in der Ecke hinter der Couch gab es ein kleines wackeliges Regal, auf dem ein Schnellkocher mit zwei Heizplatten stand. Da konnte man sich Kaffee kochen. Das war ein Luxus. Wasser holten wir eine Treppe höher, da gab es auf dem Flur eine Wasserleitung und davor ein Emaillewaschbecken.

Nachdem ich dem Doktor erklärt hatte, wo fürderhin alles und jedes sofort aufzufinden sei, womit ich ihn aber anscheinend nicht erfreute, denn dadurch verging ja der Tag kaum.Von 8 – 17 Uhr, da mußte man sich doch mit irgend etwas beschäftigen. Man könnte zum Beispiel eine Stunde lang einen ganz bestimmten Brief suchen und so weiter. Hillllde erklärte ihm nun, was sie an Büromaterial benötigte, wieviel Geld dafür notwendig war um alles komplett in einem Geschäft am Mehringdamm zu erwerben sei, das mit Büroutensilien handelte.

Also „rückte er die Knete raus (bringse aber noch was wieder) und ich fuhr mit der Hochbahn bis Belleallianceplatz. Ich weiß nicht, ab wann es Mehringdamm hieß. Als ich Kind war, war es die Bellealliancestraße. Nach dem Ort Belle Alliance (Schlacht bei Waterloo). Ich tätigte laut Notizzettel meinen Einkauf und bekam alles in zwei großen Tüten ausgehändigt. Dann begab ich mich auf den Rückweg „Wo bleiben sie denn bloß so lange“ jammerte mein Arbeitgeber. Ich sah ihn etwas mitleidig an und legte ihm den Rest Geld auf den Schreibtisch, was sofort ein glückseliges Leuchten in seinem Gesicht auslöste. Ein gutes Drittel hatte ich ja wieder zurückgebracht.

Den Grund seiner Ungeduld erfuhr ich nun aber sofort. Er übergab mir ein nicht abgewaschenes, durch einige Beulen entstelltes Aluminium-Kochgeschirr, weil sich da noch Fett vom letzten Mal abgesetzt hatte, und das machte die Suppe von heute nahrhafter. Also ging ich (er schickte mich) in ein Lokal in der Mariannenstraße und holte eine Portion Nudelsuppe. Mit dem Fettgehalt von gestern schauten tatsächlich eine Menge Augen heraus.

Dann machten wir erst mal eine „Mittagspause“. Ich aß meine Stulle und die mitgebrachte Apfelsine und der Doktor stärkte sich mit der Nudelsuppe. Ich saß in meinem Bürostuhl am Schreibtisch und sah mir die Wand an, er saß sozusagen hinter mir und schlürfte die Suppe, und dann stellte er das Kochgeschirr wieder an seine Platz, wo die Fettaugen von gestern und heute sich vereinigen konnten und mit schwante, daß ich morgen wieder Suppe holen mußte.

Aber dann wurde es noch recht lustig. Zweimal am Nachnittag läutete das Telefon, und ich nahm die Bestellungen auf und brachte die Arbeitszettel zu Herrn Minkwitz, der wirklich eine Seele von Mensch war und über eine gehörige Portion Witz und Lebensweisheit verfügte. Da ließ ich mir nun von ihm erst mal alles ganz genau erklären, so daß ich eine Menge Wissen nachhaltig und präzise recht schnell aufnehmen konnte und am Telefon nicht den Eindruck hinterließ, „Röschen“ zu sein, was die Herren dieser Generation immer gern mit einem maliziösen Lächeln von ihren jugendlichen weiblichen Angestellten behaupteten. „Na mein Röschen“, bißchen doof, aber niedlich. Und meistens auch naiv. Mitunter schwärmte so ein Röschen ja auch tatsächlich von ihrem Vorgesetzten. (Ach Gott!)

Später dann kam der Herr im langen Ledermantel, der gestern kurz mal reinsah, vorbei und es stellte sich heraus, daß es alles Freunde waren aus einem Vorort nördlich von Berlin. Besser gesagt, nordöstlich von Berlin. Im Osten. Denn es gesellte sich noch ein weiterer, aber dunkelgrüner Ledermantel dazu, und so waren plötzlich der Braune,der Grüne und mein Chef ein Trio und in erregende Gespräche vertieft. „Hillllde, was Sie hier hören…. „Ich höre grundsätzlich nichts, Herr Doktor.“ Aber um die Drei nun nicht in Verlegenheit zu bringen, denn sie kannten mich ja tatsächlich nicht (ich sie aber genauso wenig) ging ich wieder nach oben zu Herrn Minkwitz, lernte in kürzester Zeit, alles was zur Farbenherstellung vonnöten war, den Vorgang, wie sie hergestellt wurden, welche Druckarten es gab, wie es früher war und wie es jetzt ist. Kurz, interessant und ich saugte alles auf wie ein Schwamm. Ganz hinten in der Ecke wuselte immer ein älterer Mann herum, aber ich weiß nicht mal, ob ich je seinen Namen erfahren oder mit ihm gesprochen habe. Er war bei allem immer sozusagen die letzte Instanz. Also, „Hildegardchen“ erfuhr den allerbesten Unterricht in Fachkunde von Herrn Minkwitz. Natürlich nicht alles am ersten Tag. Aber jeden Tag. Tag für Tag.

Ein Diktat war heute nicht angefallen. Ich verabschiedete mich von den drei Musketieren, die jeder einen Cognac vor sich stehen hatten, nahm aus dem Treppenhaus noch eine Nase voll Firnisgestank mit und ging mit gemischten Gefühlen nachhause.

Man konnte sich seine Zukunft und auch das Berufsleben in den seltensten Fällen aussuchen. Auch bekam man eine Zuweisung vom Arbeitsamt, und da hatte man dann, wenn sie einen genommen hatten, zu arbeiten. Bevor ich hier her geschickt wurde, hatte man mich an eine Klavierfabrik in der Reichenberger Straße vermittelt, die mich auch sofort einstellten. „Bechstein“ ein Weltname. Ich saß ganz alleine in der dritten Etage in einem kahlen Fabrikzimmer und schrieb Angebote nach Diktat. Um in dieses Kabäuschen zu gelangen, mußte ich einen sehr großen Fabrikraum durchqueren, der stellenweise mit rotem Läufer ausgelegt war. Da standen die Flügel, Harfen und Klaviere. und wenn dort ein Meister spielte, um sich von der Tonreinheit des Instrumentes zu überzeugen, mußte man durch den Raum schweben, damit der „Meister“ nicht gestört wurde. Aber leider mußte man auf dem Weg zur Toilette den Raum wenigstens drei mal durchqueren. Das störte aber den Meister überhaupt nicht, der hatte ja seine Musik und nahm einen gar nicht wahr. Nur die Angestellten. Besonders die Damen. Wenn je ein Meister eine angesprochen hätte, um nur mal zu fragen wie spät es sei, schwebte sie ab diesem Augenblick ja, ich weiß nicht, wo sie schwebte. Viel später bin ich Karajan begegnet, und danach nicht eine einzige Minute geschwebt. Na jedenfalls, es war schrecklich. Mit niemanden reden, ganz allein eigesprerrt in diesem Fabrikraum. 1951, 1952, 1953 da war Berlin größtenteils noch eine Trümmersdtadt .

Der Mann, der mir die Angebote diktierte, sprach ungewöhnlich schnell. Nie ein freundliches Wort,nie ein Lächeln. So wie die wächsernen Damen. Ich war tot unglücklich und dachte: Was soll nur aus meinem Leben werden. Da griff der Schutzengel ein. Ich hatte öfter Angebote ins Ausland zu schreiben, viel nach Afrika. So diktierte er unter anderem……ein Flügel, schwarz, tropenfest lackiert…. usw. usw,,, „eine Harfe (und ich flüsterte leise: mit Jule) „Ich denke, daß es hier doch nicht das richtige Umfeld für Sie ist, Fräulein Lewandowsky. Ich lasse Ihnen Ihre Papiere fertig machen.!“

(Fünf Wochen meines kostbaren Lebens verplempert.)

Na, da ist mir ja Firnis allemal lieber.

 

Meine Stadt – Meine Liebe * Berufsleben (1)

DER ERNST (des Berufslebens) BEGINNT

Der Ernst des Lebens hatte für mich begonnen, als der Krieg begann. Als der Ernst des Berufslebens begann, war er noch längst nicht vergessen. Aber man hatte sich eben eingerichtet, so gut es ging. So hatte ich die Handelsschule verlassen, weil ich Geld verdienen mußte. Wie fast alle, trabte ich zum Arbeitsamt und hatte sogar ein Stellenangebot bekommen. Und zu allem Glück ganz in der Nähe, so daß ich kein Fahrgeld brauchte. Ich hatte ja schon ein paar Experimente hinter mir – darauf werde ich noch bei passender Gelegenheit zutück kommen.

Und so zog ich das einzige Kleid, das ich besaß und das eine Kollegin meiner Mutter, (einer rümmerfrau also) aus einer amerikanische Kleiderspende auf unrechtmäßige Art und Weise mitgehen ließ, an und versuchte, da es vorne zu knöpfen war, ein Mantelkleid sozusagen, die Knöpfe halbwegs ordentlich zu schließen. Denn die Spenden hatten meistens Größe 32 und 34, anscheinend wohnten in den USA die Elfen. Aber hier bei uns benötigte man auch als Hungerlatte erst mal Größe 38 bis 40. Es war senkrecht gestreift in den Farben grün, beige, braun. Und ich war blond und siebzehn.

Dann machte ich mich auf in die Reichenberger Straße. Ich glaube, es war Nummer 36. Richard imm, Druckfarbenfabrik. Ich hatte eine ganze Weile ein Schild gesucht, fand aber keines. Das Vorderhaus war im Krieg zerstört worden und die Trümmer bereits abgetragen.Ein schmaler Hof führte zu einem Quergebäude und linker Hand gab es ebenfalls ein noch intaktes Fabrikgebäude. Und als ich dann im Hochparterre linker Hand vom Treppenhaus eine Wellblechtür sah, an der ein unleserliches Pappschild hing, dachte ich: „Hier muß es sein, hab Mut, geh‘ rein.“ Und so begann der kometenhafte Aufstieg ins Berufsleben.Es gab dahinter nur einen Raum, ca. 4 x 5 Meter, ein schmales Fenster, ca. 45 x 65 cm mit eisernen Gitterstäben davor, eine größere Luke würde ich es nennen, und einen Kanonenofen. Davor stand ein Schreibtisch mit einem Schreibtischsessel und eine Person, die darin saß, mit Lederhut, Mantel und Schal. Vor dem Chefschreibtisch standen zwei dunkelbraune Ledersessel, Clubsessel also, und ein kleiner Tisch. Rechts, seitlich vom Fester, stand ein weiterer Schreibtisch mit einem normalen Bürostuhl davor. Neben dem Schreibtisch ein kleines Regal. Wenn man zur Tür hereinkam die Linke Wand: Da gab es ein paar Garderobenhaken und in die Wand eingelassen einen kleinen Tresor.

„Guten Tag, Ich komme vom Arbeitsamt. Mein Name ist – „Können Sie Steno?“ „Ja, Ich heiße – „Können Sie Schreibmaschine?“ „Ja. „Ich wollte doch-.“Na gut. Sie sind eingestellt. Bleiben Sie gleich hier, ich muß weg.“ „Aber ich weiß doch gar nicht- „Sehen Sie nach, was auf dem Schreibtisch liegt. Wiederseh‘n.“  Auf dem Schreibtisch lag so viel Papier durcheinander, daß man nicht mal vermuten konnte, daß sich darunter eine Schreibtischplatte verbarg. Ein Papierkorb war da, der war aber bis obenhin voll. Im Ofen bullerte es, jedoch glühte das Ofenrohr nicht mehr. Das tat es vorhin. Wie sich später herausstellte, hatte man mit den Putzlappen geheizt, die mit Druckfarben beschmiert waren. Da hatte ja nun der Inhalt vom Papierkorb kaum Schaden anrichten können.

Plötzlich klingelte das Telefon. Ich nahm den Hörer ab und mußte doch etwas sagen-! „Einen Augenblick bitte, Ich…..“, tastete in dem Wust Papiere nach einem Stempel und einem Stempelkissen, denn ich wußte ja nicht, wo ich war. Dann hatte ich es gefunden und meldete mich. „Firma Richard Timm“ Da bestellte einer Offsetschwarz und setzte voraus, daß ich wußte, was das ist. Ich tat so, als ob ich es wüßte. Bevor ich dämlich fragen konnte, wieviel hätten Sie denn gern, sagte der andere aber schon: 1 Büchse wie immer. Ich glaube, gegen 11 Uhr hatt e ich mich vorgestellt, gegen 16 Uhr saß ich noch immer mutterseelenalleine in dieser Höhle, die langsam auskühlte. Dann erschien ein Herr im bodenlangen braunen Ledermantel. Man brauchte die Tür nur aufzuklinken, klopfen war nicht nötig. „War Willi hier?“ „Bei mir nicht!“ „Und wo ist der Doktor?“ „Tja, wo könnte er wohl sein?“ „Na egal, wir seh‘n uns morgen.“ „Was denn, schon wieder?“ „Na na kleines Fräulein!“ Er hob die Stimme und drohte mit dem Zeigefinger. Er machte sozusagen „Du Du“.Dann kam noch eine Frau Heckendorf und fragte, ob Doktor Kneisel hier sei.

In maximal 20 Quadratmeter? Hatte er sich vielleicht unter dem Schreibtisch versteckt? Sie blickte zweimal suchend in die Runde und sagt „Na ja!“ Eine Antwort mußte ich mir gar nicht erst überlegen, denn sie rauschte genauso wieder ab wie sie angekommen war. Gegen 17 Uhr kam mein „Chef“ zurück. Setzte sich in Hut und Mantel vor den eisernen Ofen, in den er ein paar Putzlappen warf, und so begann es zu bullern daß es eine Freude war und der Ofen seinem Namen alle Ehre machte. „Wie heißen Sie denn überhaupt?“ fragte er mich (schon). „Hildegard Lewandowsky.“ Na jut, Hillllde.Denn bis morjen.!“  Wenn er Hillllde sagte, dachte man immer, er fängt gleich an zu bellen.

Wie gesagt: „Denn bis morgen“

Zauberhafte Momente

In den siebziger Jahren bin ich ziemlich häufig nach Italien gereist, weil ich da ein paar Leute kannte, die schon öfter mal anriefen und sagten, „ach komm doch einfach mal wieder kurz vorbei.“ Na, „kurz vorbei“ klappte schon, aber da ich keinen Urlaub nehmen konnte, beschränkte sich der Besuch gewöhnlich auf drei Tage. So flog ich denn ab Tempelhof, dem geliebten alten Flughafen, nach Mailand über München und fuhr mit dem Zug nach Luino, wo damals viele Deutsche sich (wahrscheinlich von ihren verschwiegenen Steuerhinterziehungen,) den ganzen Berg hinauf schicke Häuser bauten, die auf langen Beton-Stelzen standen. Das kleinste Anwesen, d. h., Haus, war ungefähr 4 x 5 Meter groß und klebte meistens zweistöckig am Berg, und man mußte reichlich Treppenstufen steigen. wenn man sich auf seinem eigenen Grundstück hin und her bewegen wollte. Die Landschaft sah ziemlich verschandelt aus, aber irgendwie auch ein bißchen romantisch. Meine Gastgeber sozusagen hatten ein Haus auf dem Gipfel, ca. 70 Quadratmeter mit einer großen Terrasse, wo man den ganzen, na sagen wir lieber, einen großen Teil des Lago Maggiore überblicken konnte. Dort gab es auch ein kleines, gemütliches Gästezimmer,  wohin ich mich dann bei Bedarf zurückziehen konnte.

Meta fuhr einen dicken Mercedes und Josi war leicht gehbehindert und hütete meistens das Haus. Außerdem übernahm er den Küchendienst und war ebenso für die Mahlzeiten zuständig und wurde dann ziemlich ungehalten, wenn man seinen Kreationen nicht die nötige Beachtung schenkte. Das ergab schon öfter mal ein heiteres Beisammensein auf der Terrasse, wenn der Hausherr sich voller Entzücken über seinen Teller beugte und die Damen mit verdrehten Augen die Bissen sortierten und mit hilfesuchendem Blick zum Himmel das Mahl genossen. „Es wird alles aufgegessen“ wurden wir mit Bestimmtheit aufgefordert. Na ja – es hielt sich wohl die Waage. Wenn es sich um gute alte Küche aus der Heimat handelte, war ja kaum etwas einzuwenden, nur bei den fantasievollen Kreationen, denen man nicht entkommen konnte, brauchte man etwas Humor und Selbstdisziplin. Aber – wir haben doch beides und es ja auch relativ gut und ohne Gesundheitsstörungen überstanden.

Es waren trotz allem natürlich immer drei zauberhafte Tage, und die Beiden dachten sich meistens für mich schöne Überraschungen aus. Je nachdem, an welchen Tagen ich mir den Urlaubstrip genehmigen konnte, unternahmen wir dann etwas. So kam es halt, daß Meta sich in ihre „Karre“ schmiß und befahl; :“Los komm, steig ein. Heute zeig ich dir mal was…! Da wirst du aber staunen!“ Na, dachte ich und mußte schmunzeln, bei euch beiden kommt man aus dem Staunen sowieso nicht heraus. So fuhren wir also den Berg hinab, ein Stück weit die Uferstraße entlang, um dann an einer Abbiegung nach rechts (links ist ja der See!) in die Berge zu fahren. Die Straße führte in Serpentinen hart an der Kante des Talkessels, der mit dichten Maronenwäldern ein undurchdringliches Dunkel verbreitete, in die Höhe. Irgendwo da oben gab es auch eine Grenzstation zwischen Italien und Schweiz, falls ich mich recht erinnere, die wir zwei mal passierten. Plötzlich waren wir in einem einzigen Augenblick von einem Jahrhundert in ein vergangenes gefallen. In ein, in einer  etwaigen Höhe von 1.000 m über dem Meeresspiegel gelegenes Dorf am oberen Rand des  Veddasca-Tales  gelegen.  I n d e m i n i   !

Wir parkten am Ortseingang, um uns noch eine Strecke weiter nach oben zu begeben, weil es dort ein Restaurant gab. Dieser Ort war so unwirklich und die aus grauem Gneis errichteten Häuser und Straßen waren eine einzige Steinwüste. Wegen der gelungenen Überraschung hatte man mich aber vor dieser nicht gewarnt, und so versuchte ich, wie eine geübte Bergziege mit den itaienischen Pumps mit hohem Absatz den verhältnismäßig kurzen Weg bis zum Gasthaus ohne Knöchelbruch zu bewältigen. Holzpantinen wären hilfreich gewesen – barfuß wäre ich wohl ohne Fußsohlen angekommen. Endlich angekommen, gab es dort auch eine Terrasse, wo wir heiße Milch und Brot und Ziegenkäse verspeisten, und von den gegenüberliegenden Gipfeln, die ca. 1.400m, erreichten wehte ein frischer, eisekalter Wind herüber und die Gipfel lagen in leuchtendem Sonnenschein. Die Tarrasse war nicht besonders groß und hing wie ein Schwalbennest an der Hauswand und vermittelte ein Gefühl, als wennste schwebst.

In die  Schlucht hinunter gab es unzählige stufenmäßige Abhänge, auf denen allerhand angebaut worden war, Obst, Gemüse, Getreide und auch schmale Wiesen, auf denen ein paar Ziegen vorsichtig balancierten. Dann tranken wir noch einen Kaffee und verließen zunächst diesen zauberhaften Ort, und ich war sehr erleichtert, daß ich nun wieder auf dem sehr bequemen Beifahrersitz Platz nehmen konnte. An einer Art Hauptstraße, von der aus wohl auch eine Buslinie Richtung Schweiz verkehrte, gab es einen Kaufmannsladen, Dort erstand ich ein paar Ansichtskarten und das gütige, bezaubernde Lächeln einer älteren Indemini-nerin. „Tedesca? Molto simpatico!“ Na, da strahlte ich gleich glücklich wie ein Honigkuchenpferd zurück und freute mich, daß ich auch noch Briefmarken erwerben konnte.

Dann fuhren wir noch ein Stückchen in die andere Richtung und bis ganz oben auf den Berg hinauf, wo es einen Parkplatz gab. Wir wollten ja nur mal so gucken. Ja, und da guckten wir nicht schlecht. Denn was parkte da? auch ein Meredes mit Berliner Nummer. „Die sind ja wirklich überall!“ schüttelte Meta den Kopf und wunderte sich. „Was steht denn auf Deinem Nummernschild?“ frage ich süffisant. Na ja, ich fahre ja nicht, ich hatte meinen eigenen Chaffeur für dienstliche Fahrten und ansonsten hatte Berlin ein gut ausgebautes Verkehrsnetz und die Berliner BVG, damals schon immer sehr zuverlässig. Und vor allen Dingen: da konnte man auf jeden Fall ständig etwas erleben!

Aber jene unvergleichlichen Augenblicke, die man in dieser Weltabgeschiedenheit genoß, habe ich ein Leben lang nicht vergessen und immer wieder überkommt mich dann eine stille Sehnsucht nach Vergangenheit.

Als wenn man aus einem Traum erwacht ...... (die Terrasse)

Als wenn man aus einem Traum erwacht,  Die Terrasse

Na sag mal…..(Geschichten nach außerhalb) (9)

Meine letzte „Mitteilung“ an die leidgeprüfte Familie in einem aufregenden Monat Oktober im Jahre 2008. Na, das waren noch Zeiten!

Nun habe ich meinen Drucker über den grünen Klee gelobt und auch im Internet weitere begeisterte Urteile über ihn gelesen, und jetzt verläßt er mich und sagt keinen Mucks. Er schweigt – er gibt  noch nicht mal ein Geräusch von sich, obwohl er kurz vorher noch ein schönes Bild gedruckt hat.

Seit ein paar Tagen, zumindest übers Wochenende, plinkerte sein rotes Lämpchen unaufhörlich, und voller Sorge hatte ich da schon Dirk angerufen, den Computerrepariermann (in Anlehnung an den Fahrradrepariermann) von Monty Python.

Ich werde gleich morgen früh mit Dirk in Kontakt treten, um Abhilfe zu schaffen. Hoffentlich weiß er, was zu tun ist. Ich habe den begeisterten Zuschriften der diversen Benutzer von Epson Stylus D 92 entnehmen können, daß das Gerät äußerst zuverlässig und robust ist. Wieso streikt er nun? Haben ihm die Vorlagen für die Drucke mißfallen?

Nun ist es wieder spät geworden. Ich wollte ein Buch lesen und trotzdem habe ich mich wieder vor diesen Zauberkasten gesetzt. Mit fadenscheinigen Ausflüchten, weshalb es notwendig wäre, hier irgendetwas zu berichtigen oder einzurichten oder zu kontrollieren.

Nun ist mein Spielzeug kaputt.

Ich werde den Netzstecker ziehen.

Berlin, den 28. Oktober 2008

Na sag mal…..(Geschichten nach außerhalb) (8)

Das war die vorletzte Litanei, dann gibt es nur noch einen Schwanengesang ,

Zunächst dachte ich, daß ja nicht unbedingt täglich etwas vorfallen oder passieren muß, was einen auf die Palme bringt…, ist aber nicht so. Es tut es…!“

Zum Beispiel werden alle dreißig Minuten die Nachrichten aus BERLIN, BRANDENBURG UND DER WELT durchgesagt, so daß man immer ausreichend informiert ist oder wird, was so alles passiert in der Welt. Korrekt: jede volle Stunde wird DIE WELT mit einbezogen, sonst betrifft es nur regionale Nachrichten. Mal interessant, mal nicht so sehr. Aber immer auch der Verkehrsbericht, und der ist wirklich Klasse. Es wird sogar durchgesagt, auf welchen S-Bahnhöfen die Aufzüge nicht funktionieren, wo Schienenersatzverkehr eingerichtet und was sonst noch von Belang ist. Aber dann…..kommt die tägliche Schote. „Das Wetter“ mit Frank Abel.

Der sieht ja das Wetter auf seinem Bildschirm und da kann er dann genau voraussagen, wie das Wetter wird. Und das für Tage voraus. Zum Beispiel: Montag 13 Grad, Diensrag 14 Grad und Regen, Mittwoch dann 12 Grad und Donnerstag könnten es 16 Grad werden. Tief Peter oder Hoch Carmen (oder umgekehrt) sorgen in den nächsten Tagen für ein Wetter, mal sehen, wie es wird.Bei der Voraussage sind die Treffer ähnlich wie bei sechs aus neununddreißig.

Da ich einen Wetterbericht meist aufmerksam verfolge, könnte ich nun schon mal in weiser Voraussicht p l a n e n: am Montag brauche ich nur eine Jscke, während ich am Dienstag schon den dicken Mantel anziehen könnte und am Donnerstag eventuell schon die Stiefel. Aber, das könnte natürlich auch in die Hose gehen. Es könnten zum Beispiel dann schon am Montag 16 Grad sein (mit Jacke), am Dienstag bereits 18 Grad mit (leichter Jacke) am Mittwoch 10 Grad mit Gewitterneigung und Regenschirm, Donnerstag Temperatursturz auf 11 Grad und Neigung zu Nachtfrost in den Vororten. Fehlt dann noch der Kommentar: Zu warm für diese Jahreszeit oder: zu kalt für diese Jahreszeit.

1988 hatten wir an diesem …… nur 17 Grad, während wir1990 noch 21 Grad messen konnten, aber 2006 waren es immerhin noch 16,5 Grad. Das ist insofern interessant und wissenswert, daß man zum Beispiel, wenn man wüßte, daß man sich am …… seinerzeit um 18 Uhr mit….. verabredet hatte, höchstwahrscheinlich total falsch bekleidet war oder wahnsinnig in seinen Klamotten schwitzte, beziehungsweise sich bibbernd an der verabredeten Stelle einfand und der andere noch nicht da war oder bereits wieder weg. Hätte ja auch sein können.

Außerdem kommt auch im Wetterbericht immer eine konkrete Angabe der Meßwerte um eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort, die unglaublichwichtig ist. Zum Beispiel: Um 13 Uhr in Köpenick 13 Grad, in Tempelhof 14 Grad, in Spandau 12 Grad, in Tegel 11 Grad. Köpenick mit seinen Wäldern ist überhaupt der größte Berliner Verwaltungsbezirk, und da weiß man nun, daß eine Temperatur von 13 Grad gemessen wurde., während es in dem zusammengelegten Bezirk Tempelhof/Schöneberg 14 Grad waren. Wen interessiert das schon. Ich messe in Lichtenrade 14 Grad, und in der Bahnofstraße scheint die Sonne fast den ganzen Tag, und da werden 16 Grad gemessen und in der prallen Sonne vielleicht sogar 19 Grad. Usw. usw. Ich finde solche Ansagen ausgesprochen bescheuert und betrachte sie als Füllsel.

Es ist ein ausgesprochene bla bla und vollkommen überflüssig. Und dann kommt noch immer der Knüller, der mich nun wirklich auf die Palme bringt. Denn die Ausdrucksweise: „wir bekommen ein M I X aus Sonne und Wolken ist so in den Sprachgebrauch übernommen, das es einfach keinen einzigen Tag mehr ohne Mix gibt. Es ist doch kein Getränk, es ist Wetter. Der Himmel ist bewölkt. Früher war der Himmel gegen vormittag. nachmittag, Morgenstunden, Abendstunden bewölkt, die Sonne brach sich Bahn oder was weiß ich und es hellte sich auf, oder Wetterbesserung am Nachmittag…..

Wir bekommen einen Mix aus Sonne und Wolken. Ich weiß nicht, mich macht das rasend. (Übrigens auch heute noch, aber ich lese die Nachrichten lieber im Internet als mir das Gedöns im Rundfunk anzuhören. Auch daß die Nachrichten inzwischen aus DEUTSCHLAND UND DER WELT innerhalb von allerhöchstens 3- 5 Minuten so schnell vorgetragen werden, daß die Ansagerin vergißt Luft zu holen und sofort das Endlosband mit der Musik, die sich täglich wiederholt, weiterläuft.)

Am Himmel wird gemixt. Wie alles heutzutage. Einen Mix aus arm und reich, einen Mix aus alt und neu, einen Mix aus jung und alt, einen Mix aus….was weiß ich. Irgendwer hat mal wieder eine neue Ausdrucksweise zum Zeichen seiner intellektuellen Überlegenheit kreiert, und die anderen, mit dem Anspruch auf Individualität, plappern das weiter nach und wenn man täglich solchen Mist hört, plappert man ihn dann auch bereitwillig oder unbewußt nach. Aber mir geht das Wort M I X dermaßen auf den Senkel, egal, wo es mir inzwischen begegnet, so daß ich meinen Unmut einfach äußern muß.

Ich würde mal sagen, das ist kein Mix aus persönlichem Stil und Ignoranz der Sprache, es ist in meinen Augen, ganz ordinär ausgedrückt: ………………………..

(Jetzt ist mir doch das letzte Wort entfallen, obwohl man mir stets sagt: Du willst immer das letzte Wort haben. Und das stimmt einfach nicht. Du kannst ja auch noch was sagen (oder schreiben).

Berlin, den 26. Oktober 2008

Na sag mal…..(Geschichten nach außerhalb) (7)

Nun werde ich Dir inzwischen auf den Keks gehen, aber da der Tag sich schon fast seinem Ende zuneigt, es auf jeden Fall aber schon zappenduster ist, werde ich, da ich so in Fahrt bin, noch ein paar Dinge zur Diskussion stellen, die zwar nicht von entscheidender Tragweite bzw. Wichtigkeit sind, aber: sie ärgern mich! Das hinwiederum ist nicht von allgemeinem Interesse, aber ich kann Dir ja mal anvertrauen, was mich so ärgert.

J e d e n T a g lese ich mehrmals irgendwo S t o p p.
J e d e n T a g lese ich mehrmals irgendwo T i p p.
Und das ist relativ neu. Früher (hatten wir einen Kaiser) aber auch einen Tip und ein Top. Tip und Top sind aber auch internationale Begriffe. Da nun fast alles, was man hier so kaufen kann, inzwischen auch Äcktiff ist, Haarwäsche, Kloreiniger, Abwaschmittel, Abführtee, verstehe ich nicht, warum man uns plötzlich entgegenbrüllt:

S t o p p !!! und uns noch dazu auch einen T i p p gibt,

Die Blümelein, die schlafen schon längst im Mondenschein,
Sie ruhen mit den Köpfchen auf ihren Stengelein……
Und auf diesen Stengelein ruhen sie schon seit fünfhundert Jahren, um mal das Stammwort zu verfolgen. Aber jetzt ruhen sie auf Stängelein, weil man rausgefunden  hat, daß es ja eine Stange ist, die das Blumenköpfchen hält. Siehst du den Hut dort uf der Stange? Wer würde das ändern wollen: siehst du den Hut dort auf dem Stengel, den warf hinauf ein frecher Bengel. Aber wenn nun die Ableitung von Stange kommen soll, ist Stängel die Verniedlichung von Stange. Und somit ist es nicht mehr der Blumenstängel sondern das Blumenstängel. Die Stange – der Stängel(-chen).

Rauhe Winde weh‘n von Norden und die Sonne scheint nicht mehr….. Aber jetzt wehen die Winde nicht mehr rauh (die Rauheit wird durch das h ausgedrückt). Jetzt wehen raue Winde und die raue Wolle kratzt. Die raue See. Mir wird schlecht. Die blaue Lagune, die laue Luft. Das ist sanft. Rauh ist rauh. Schon  phonetisch ist es wie eine Vergewaltigung der Sprache. Ein rauer Ton wird angeschlagen. Ich saß traurig auf der Mauer und der Wind blies immer rauer….schade.

Und schon vor -zig Jahren haben kluge Köpfe bei der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft und dem Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän ein überflüssiges f gestrichen. Aber die internationalen europäischen geistigen Größen haben nun wieder das dritte ‘ f ‘ eingefügt, damit keine Irrtümer entstehen können, es ist wirklich ein Schiff, das fährt.

Es gibt noch vieles, aber nun soll Schluß sein damit. Führt ja doch zu nix. Wäre noch die Silbentrennung. Doch es ist ja auch schön, wenn es noch etwas gibt, das übrig bleibt, damit man sich daran hochziehen kann. Das lenkt vom Alltag ab, und man kann seinem Affen Zucker geben. Ich kann nun ordentlich meinen Affen fütttern – ja fast ein Affenhaus, denn ich habe einen Computer und eine Tastatur – mit der Hand hätte ich das alles nie geschrieben.

Morgen ist Sonntag. Deine verrückte Mutter gelobt, Dich an diesem Tag mit Pamphleten zu verschonen. Erhole Dich
Berlin, den 8.10.2008

PS.: Der Oktober hatte es wohl in sich. Es ist ja auch ein dunkler Monat. Meine arme
Familie. Mein Sohn hatte gerade die englische Dolmetscherprüfung abgelegt und hat
mit bewunderungswürdigem Langmut die Klagen zur Kenntnis genommen.